An den Geist in meinen Wänden.
Conner
„Chef, es ist wieder ein Paket für Sie da.“
Liams Stimme ist von Amüsement durchzogen, sein verdammtes Grinsen bereits im Gesicht, als er in mein Büro schreitet, eine elegante schwarze Schachtel, die mit einem blutroten Band umwickelt ist, wie ein Geburtstagsgeschenk in den Händen. Er stellt sie mit übertriebener Sorgfalt auf meinen Schreibtisch, und ich bemerke, wie er neben mir verweilt, von einem Fuß auf den anderen tritt wie ein Kind, das auf ein Feuerwerk wartet. Er hat dieses verdrehte kleine Spiel stillschweigend genossen. Er hat zugesehen, wie es sich in den letzten drei Jahren mit kaum unterdrückter Freude entfaltete, als wäre es die beste Show der Welt. Und vielleicht ist es das auch. Ich lehne mich in meinem Stuhl nach vorne und lasse ein kleines Lächeln meine sonst so kalte Fassade durchbrechen. „Noch ein Geschenk?“ murmele ich, während meine Finger das Band berühren. „So schnell. Ich muss wohl brav gewesen sein.“
Das letzte Paket kam vor nur vier Tagen. Davor war es eine Woche. Wer auch immer sie sind, sie sind mutiger geworden, häufiger. Als könnten sie nicht anders. Das Seidenband gleitet mit einem Flüstern frei und fällt in einer karmesinroten Welle auf den Schreibtisch. Ich hebe den Deckel langsam, genieße den Moment, und schaue hinein. Noch ein Paar abgetrennter Hände. Blass, verstümmelt, perfekt in der Schachtel platziert wie eine groteske Kunstinstallation. An einer Hand sind noch drei protzige Goldringe, Bestätigung genug. Der Waffenhändler aus Prag. Derjenige, der dachte, er könnte zwei Millionen von meiner letzten Waffenlieferung abzweigen und in der Versenkung verschwinden. Anscheinend ist er nicht weit gekommen. Wie aufmerksam. Liam pfeift lang und leise, die Hände in die Hüften gestemmt, während er sich vorbeugt, um einen besseren Blick zu bekommen. „Ein weiteres Problem gelöst, ohne dass Sie einen Finger rühren mussten.“
Ich lache leise. „Effizienz ist heutzutage ein seltenes Geschenk.“
Er schnaubt. „Ein bisschen zu selten, wenn man bedenkt, dass Ihre mysteriöse Frau unser gesamtes Team übertrumpft.“
Ich summe, setze den Deckel vorsichtig wieder auf die Schachtel, darauf bedacht, das noch trocknende Blut am inneren Rand nicht zu verschmieren. „Bring es zu den anderen in den Gefrierschrank.“
Liam zieht eine Augenbraue hoch. „Sind Sie sicher, dass Sie die alle behalten wollen, Chef? Es wird langsam ein bisschen… Das Schweigen der Lämmer im Keller.“
Ich zucke mit den Schultern und lehne mich in meinem Stuhl zurück. „Es sind Geschenke. Und Geschenke wirft man nicht weg.“
Liam lacht nur, schüttelt den Kopf, als er die Schachtel aufhebt und zur Tür geht. „Eines Tages wird sie hier hereinkommen, mit einem Band um sich, und Sie können ihr endlich persönlich danken.“
Ich antworte nicht. Denn das Bild, das er malt… Ein Schatten, eingehüllt in Seide und Blut. Eine Frau mit Augen nur für mich, die aus der Dunkelheit zusieht und in meinem Namen tötet. Die den Duft von Zucker und Schießpulver hinterlässt, wie ein Flüstern der Hingabe. Ich habe mehr über sie nachgedacht, als ich sollte. Mich gefragt, wer sie ist. Wie sie aussieht. Wie es sich anfühlen würde, ihren Mund auf meinem zu spüren, statt Nachrichten im Blut zu hinterlassen. Mein Stalker. Mein Geist. Mein Mädchen. Eines Tages wird sie aus den Schatten treten. Eines Tages...
Eine weitere Woche vergeht. Sieben lange, stille, qualvolle Tage ohne ein Flüstern von ihr. Kein Parfüm auf meinen Kissen. Keine blutigen Schachteln, die mit Schleifen gebunden sind. Keine frischen Kekse oder umgestellten Bücher oder schwachen Fingerabdrücke auf dem Spiegel über meinem Bett. Nichts. Glaub mir, ich habe gesucht. Beobachtet. Gewartet. Geduldig. Denn ich weiß, dass sie zurückkommt. Das tut sie immer. Sie kann nicht anders. Und so sehr ich das Chaos, das sie mit sich bringt, auch nicht herbeisehnen sollte, habe ich mich an die Spannung, den Nervenkitzel des Unbekannten gewöhnt. Ich vermisse es, wenn es weg ist.
Ich habe gerade ein spätes Treffen mit den Italienern beendet, die hier in New York das Territorium teilen. Unsere Familien haben seit Jahren koexistiert, unsere Grenzen sauber gehalten, unsere Gewinne hoch und unsere Straßen größtenteils blutfrei. Es hat funktioniert. In letzter Zeit testen sie die Grenzen. Fordern mehr Produkt. Mehr Kontrolle. Mehr Territorium. Mehr... alles. Zuerst subtil. Jetzt ist es nicht mehr so subtil und das beunruhigt mich. Ich mag sie. Ich kenne einige dieser Männer, seit ich ein Kind war. Sie sind nicht nur Verbündete; sie sind Teil der alten Welt, Teil der Struktur, die diese Stadt seit Jahrzehnten im Gleichgewicht hält. Trotzdem, wenn sie weiter drängen, wenn sie eine Grenze überschreiten... Nun. Sagen wir einfach, ich bin nicht der Einzige, der beobachtet. Wenn sie herausfindet, dass sie zu einem Problem geworden sind, bekomme ich vielleicht nicht die Chance, es diplomatisch zu lösen. Ich werde zu einem weiteren ordentlich gebundenen Paket vor meiner Tür aufwachen. Vielleicht ist es diesmal ein Kopf und ein Rosenkranz zusammengebunden. Der Gedanke verdreht mir den Magen, nicht vor Entsetzen, sondern vor düsterer Erwartung.
Ich begleite sie durch das große Foyer hinaus, schüttle Hände und tue freundlich unter den hohen Bögen meines Anwesens. Der Marmor spiegelt ihre polierten Schuhe wider, als sie in die kühle Nacht hinausgehen. Sie zünden Zigarren an und lachen, denken, die Welt gehört immer noch ihnen. Ich schließe die Tür hinter ihnen, verriegele sie mit einem leisen Klicken. Die Nachtluft folgt mir, kühl, still, scharf mit dem Duft von Herbstblättern und etwas... anderem.
Knoblauch. Butter. Rosmarin. Hitze. Sie war hier. Der Gedanke lässt mein Herz fast mitten im Schlag stoppen. Ich bewege mich. Schnell. Leise. Raubtiermodus. Meine Schritte hallen leise im Marmorkorridor wider, während ich zur Küche schleiche, alle Sinne hellwach, gespannt, elektrisiert von der Möglichkeit, dass ich sie diesmal erwische. Dann ein Geräusch. Eine Tür. Adrenalin schießt durch meine Adern. Ich renne los, ohne nachzudenken, die Muskeln schnappen wie eine gelöste Feder in Bewegung. Ich bremse nicht, als ich die Küche erreiche, reiße die Hintertür auf und stürze in die Nacht, die Augen wie ein Wahnsinniger in die Dunkelheit gerichtet.
„Ausbreiten!“ belle ich in mein Funkgerät, während ich bereits eine Waffe aus meinem Hosenbund ziehe. „Überprüft das Gelände. Sie ist hier.“
Aber ich weiß es schon. Sie ist weg. Wie Rauch. Wie immer. Ich stehe noch einen Moment länger da und beobachte die Baumgrenze, die sich im Wind wiegt. Sie konnte nicht weit gekommen sein. Aber sie entkommt mir immer. Jedes Mal, wenn ich nahe dran bin, gleitet sie mir durch die Finger. Schließlich senke ich die Waffe, atme langsam aus und gehe mit angespanntem Kiefer zurück ins Haus. Sie hat mich wieder überlistet.
Ich betrete die Küche erneut, der Duft des Essens ist jetzt noch stärker. Es ist warm und reichhaltig, perfekt getimt, als wüsste sie, wann ich fertig bin. Wann ich allein bin. Wann ich verletzlich genug bin, um das volle Gewicht ihrer Abwesenheit zu spüren und dankbar für die verdrehte kleine Erinnerung, dass sie gerade hier war. Das Abendessen wartet auf der Theke. Pasta, perfekt angerichtet. Warmes Brot, eingewickelt in eine Stoffserviette. Eine Flasche Rotwein, bereits geöffnet, atmet neben zwei Kristallgläsern. Langsam gehe ich hinüber und starre auf das Gedeck. Es sieht... romantisch aus. Wie ein erstes Date, wenn man den Teil ignoriert, wo sie in mein Haus eingebrochen ist. Ein Lachen steigt in meiner Kehle auf, scharf, bitter, aber echt. Sie ist verrückt. Sie ist gefährlich. Sie ist absolut, unverfroren meine.
Ich setze mich, schenke mir ein Glas Wein ein und hebe es zum leeren Stuhl mir gegenüber.
„Auf den Geist in meinen Wänden“, murmele ich mit einem schiefen Lächeln. „Du machst eine verdammt gute Lasagne.“
























































































































